Samstag, 31. Juli 2010

Kommentare zu "Duisburg überall"

Warum wir politisch gesehen seit Jahren längst alle Teil einer Duisburger Loveparade sind und uns diese deutliche Mahnung sein sollte. MEHR

7 Kommentare:

  1. Lieber Freiberufler,

    überhaupt ist es sehr schwer dem in Duisburg Geschehenen überhaupt in irgendeiner Weise gerecht zu werden. Auch den Duisburger OB nun als einzigen Sündenbock zu brandmarken, tut das meiner Meinung nach nicht. Sicherlich ist es nur noch, vor allem selbstentwürdigend wie dieser Mann an Posten und Pensionsansprüchen kleben bleibt und sein Rücktritt längst überfällig, da nun einmal in seinen Händen besonders viel an Verantwortung zusammen lief. Jedoch sich nun alleine für den Rücktritt Saulerlands zu engagieren, ist meiner Ansicht nach so provinziell, wie man es dem Ruhrgebiet nur allzu gerne und allzu oft immer wieder unterstellt.

    Das eigentliche und einzigartig tragische an dieser Katastrophe ist doch, dass sie so viele ungewollt auf die eine oder andere Weise zu Mitschuldigen gemacht hat. Die Getöteten wurden von einer Masse erdrückt deren Teil so viele waren. Die Polizei glaubte sicherlich das richtige zu tun und tat doch das völlig falsche, indem sie die Rampe zum Gelände sperrte. Die wenigen Sanitäter und Ärzte die anfangs vor Ort waren taten ihr absolut menschenmögliches und es war für 21 junge Menschen doch nicht genug. So viele Bürger Duisburgs und des Ruhrgebietes, wie auch die regional Medienschaffenden wollten im Vorfeld diese Veranstaltung gerade im Jahr der europäischen Kulturhauptstadt nicht missen und auch die internationale Loveparade-Community wollte das jährliche Ereignis unbedingt fortgeführt wissen, trotz der Verbannung aus Berlin und war bereit, dafür Kompromisse einzugehen. Und auch die Raver die oben weitertanzten und feierten, weil sie nicht informiert wurden, fühlen sich daran nun ungewollt schuldig.

    Da stellt sich mir die Frage, warum dieses mit anderen Dingen nicht ebenso ist. Wenn junge Landsleute auf grausame Weise in Afghanistan umkommen für einen Krieg, den unser Land dort führt, weil wir die Parteien, die das wollen, immer noch nicht abgewählt haben, z.B. Wieviel Schaden, wieviel menschliches Unglück muss die ultraliberale Politikdoktrin, die alle unsere etablierten Parteien, wie auch unsere Massenmedien mehr oder weniger unterwandert hat, denn noch anrichten, bis ein Schalter umkippt und wir wie nach dieser Duisburger Loveparade mit einem Trauma aufwachen über all das Menschenleid, für das wir mit verantwortlich sind, als Bürger in einem politischen System, in dem es immerhin noch ein gleiches, freies und geheimes Wahlrecht gab.

    Gestern sass ich mit Ravern im Zugabteil, jungen starken Männern in der Blüte ihres Lebensalters, die ihre Trauerkleidung offenbar sorgsamst ausgewählt hatten und denen die Tränen in den Augen standen ...

    Ihnen und Ihrem Kommentar entgegen kommend habe ich heute in meinem Blog-Artikel auch noch die gestrige Trauerrede von Hannelore Kraft verlinkt, mit Worten wie sie würdiger den Opfern und ihren Angehörigen gegenüber auch kaum noch zu finden sind: Ein riesengroßes Lob von mir an die neue nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin, vielleicht wird ihre Wahl doch noch zum Segen für Nordrhein-Westfalen und die nordrhein-westfälische SPD. Zufällig hat sie den Titel meines kürzlichen Blog-Artikels vom 13.07.2010 in der Sie-Form zum Schlusswort ihrer Trauerrede gemacht: Sie sind nicht allein, ...

    Viele Grüße und vielen Dank für Ihren Kommentar,

    Knut Karnann

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  2. Hallo,

    ich war gestern auch auf dem Trauerzug. Ok es waren da ca. 2.000 Menschen und wenn man sich umhörte gehörte etwa jeder Dritte nicht zu jenen 120.000 bis 140.000, die sich alleine zum Unglückszeitpunkt vor 8 Tagen auf der Loveparade befanden. Viele kamen mit Freunden, Verwandten oder einfach so aus purer Anteilnahme. Sicherlich war da auch eine Hundertschaft an Fotografen, Reportern und anderen Medienleuten darunter ...

    Gerade die Leute, wie Du in Deinem Kommentar oben schreibst, die angeblich darunter leiden, dass sie oben weiter tanzten, weil uninformiert darüber, dass unter ihnen Menschen gestorben sind: Wo waren die gestern?

    Es stimmt mich traurig, dass das reine Vergnügen 140.000 Leute und mehr auf die Beine bringt, Trauer und Gedenken an 21 tote und doppelt so viele schwer verletzte Partygenossen jedoch nur noch von den gleichen Leuten maximal jeden Hundertsten!

    LG, Marc

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  3. Mein Mann ist vor 14 Tagen an Krebs gestorben, für mich gibt es keinen Hilfsfonds. Und man fragt sich, was es ist, dass manche Tode eine derartige Anteilnahme erfahren und so viele Andere nicht interessieren und sogar bewußt übergangen werden. Freunde, Bekannte, die wollen sich da einfach nicht groß darauf einlassen.

    Aber diese 21 jungen Leute in Duisburg, da wird jetzt ein Riesen-Rummel veranstaltet und Millionen scheinen Anteil zu nehmen ...

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  4. @anonym,15:08 Uhr
    _______________________________________
    "Es stimmt mich traurig, dass das reine Vergnügen 140.000 Leute und mehr auf die Beine bringt, Trauer und Gedenken an 21 tote und doppelt so viele schwer verletzte Partygenossen jedoch nur noch von den gleichen Leuten maximal jeden Hundertsten! ______________________________________

    Das ist imho genau der Punkt:
    Die Ursache auch dieser Katastrofe war unsere kaputte Gesellschaft! Auf die Loveparade geht man, um egoistisch alleine zu feiern, jeder für sich! Gäbe es noch Gemeinschaftsbewußtsein, hätten solche Szenen sich überhaupt nicht abspielen können.

    Das zeigte sich bei der Katastrophe, das zeigte sich nun auch bei den Trauerfeiern, bei denen man 20.000 erwartete und nur rund 2.000 überhaupt kamen.

    Die ganze Gesellschaft muss sich jetzt an die eigene Nase fassen, anstatt mit den Finger auf Einzelne wie den armen Sauerland zu weisen ...

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  5. @Dagmar:

    Das mit Deinem Mann tut mir sehr leid.

    Aber freu Dich doch, dass es irgendwo anfängt mit dem Anteilnahme Zeigen. Die Gesellschaft wird sich sicherlich nicht von heute auf morgen hundert Prozent verändern, wenn überhaupt.

    Man hat mir heute schon Helmut Schmidt zitiert: "Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen." Aber das war auch nur ein Technokrat, ein sehr gescheiter zwar, aber eben ein Technokrat, der mit den Weg in diese ultraliberale Egoisten-Eiszeit bereitet hat ... Davon müssen wir weg, alle!

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  6. @knut: Helmut Schmidt war nicht, Helmut Schmidt ist immer noch.

    Für die Antwort danke ich.

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  7. ... und auch für die Anteilnahme.

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